Jacky Strenz

Alexandra Tretter

Alexandra Tretter setzt in ihrer ersten Einzelausstellung bei Jacky Strenz ihre 2021 begonnene Serie von Cut- Outs fort. Waren diese bislang auf grundiertem Leinen direkt an die Wand geheftet, wählt die Künstlerin für die hier gezeigten Bilder einen neuen Bildträger und ein neues Format. Die bisherigen Mittel- und Großformate konzentriert sie nun auf die klassische Intimität des Porträts, während das Spiegelhafte ihrer Arbeit zusätzliche Betonung durch die Aluminiumplatten erfährt, die nun ihren Malereien zugrunde liegen.

Die Palette, welche die Künstlerin immer thematisch ausrichtet, entfaltet in dieser Ausstellung die Symbolkraft des Regenbogens, wobei jedes Einzel-Bild eine von dessen sieben Farben manifestiert.
Die Wahl dieser Farbtonleiter hat mehrerlei Gründe. Der Regenbogen als „Kind“ der Gegensätze von Sonne und Regen ist die Verbindung von Himmel und Erde. Seine Farben, sagt man, vereinen die unterschiedlichen Aspekte des Lebens: „Rot“ steht für das Leben selbst, „Orange“ für Heilung, „Gelb“ für die Sonne, „Grün“ für die Natur, „Hellblau“ für Kommunikation, „Indigo“ für Klarheit und „Violett“ für die alles begründende Seele.

Nach Friedrich Fröbel drückt sich die kindliche Seele im Spiel aus, das nicht trivial, sondern hochwichtig und von tiefster Bedeutung sei. Fröbel (1782-1852) gilt als der Erfinder des Kindergartens. Er wurde für seine Ideen verlacht, seine Institution innerhalb kürzester Zeit verboten. Der abwertende Bei-Klang des Wortes „Kindergarten“ in vielen gegenwärtigen Kontexten deutet darauf hin, dass diese negative Einschätzung nach wie vor Zuspruch erfährt. Warum eigentlich?
Die Künstlerin vermeidet es, darauf eine eindeutige Antwort zu geben. Stattdessen erweitert sie den Horizont dieser Fragestellung um einen weiteren Aspekt historischer Kurzsicht im Kreis der Gärtnerei.
Denn die Titel der ausgestellten Bilder (Klatschmohn, Ringelblume, Schöllkraut, Brennnessel, Ehrenpreis, Kornblume und Gundermann) benennen heimische Heilkräuter mit jahrhundertealter Tradition, die größtenteils als störendes Unkraut aus dem modernen botanischen Konsens verwiesen werden.

Das innere Wesen dieser Pflanzen ist allerdings nach wie vor eine tief verwurzelte Heilkraft, die sich zeigt, wenn man achtsam ist und genau hinschaut, jenseits von Konvention oder aktuellem Labelling. Ebenso ist es auch beim Kind, das laut Fröbel wie eine Pflanze in einem bunten Garten gepflegt und herangezogen werden solle. Das Kind, wie die Pflanze, geben die Richtung und Geschwindigkeit ihres Wachstums vor, und dabei kann es weder richtig noch falsch geben. Das sind nur lückenhafte Einschätzungen der erwachsenen Begleiter. Denn alles ist gut, was unter der Obhut von Sonne und Regen gedeiht.
Der Regenbogen erscheint abermals. Die Regenbogengruppe der Bilder zitiert den Namen des Kindergartens von Tretters Sohn, das Symbol ist auch hier eine alltägliche Gewissheit.

Die Bilder sind, wie Kräuter und Kinder, im Wachstum begriffener Ausdruck einer inneren Wesenhaftigkeit, die immer andeutungsweise bleiben wird. Deren Wahrnehmung verdanken wir ihrer Äußerung in Linien, Flächenund Farbqualitäten. Diesen Weg geht Tretter mit den Malereien ihrer Ausstellung „Kindergarten“ einen Schritt weiter. Das zentrale Wesen all ihrer bisherigen Bilder, ein ovales Hybrid aus Ei, Vulva, Mund und Auge, hält den Spannungsbogen dieser Entwicklung, die symbolisch die Heilkraft unseres inneren Kindes in den Fokus rückt.

Bernhard Michaelis

Alexandra Tretter (* 1988 in Wolfen). Lebt und arbeitet in Berlin
2016 – 2020 (BFG) Studium der Malerei, HFK Hamburg bei Jutta Koether.
2020 School of the Museum of Fine Arts, Boston, USA.
2011 – 2015 (B.Sc.) Studium der Architektur an der Technischen Universität Berlin.

Einzelausstellungen (Auswahl): antiGone, Kunstverein Heppenheim, Heppenheim, DE; Kindergarten, Jacky Strenz, Frankfurt/Main, DE (2024); Bienenstich, CATHY, Furth im Wald, DE; safe and sound (mit Ulrich Wulff), Faecher, Berlin, DE (2022); Die Module spielen verrückt, IKOB, Museum of Contemporary Art, Eupen, BE; Panikblüten, 14a Gallery, Hamburg, DE (2021).

Gruppenausstellungen (Auswahl): EAT THE RAINBOW – Collection exhibition, IKOB - Museum of Contemporary Art, Eupen, BE; daß die Göttin nicht himmelwärts, sondern herab nach ihren Freunden blickt, Secci Gallery, Florenz, IT (2024); die Welt ist noch auf einen Abend mein, Ehrhardt Flórez Gallery, Madrid, ES (2023); Schatz ich kann nicht ich bin im Dienst, Dienst (LADØNS Gallery), Hamburg (2022); Constellations in a Bubble, Kirchgasse Gallery, Steckborn, CH (2021); SeeUth3re -Dialoge zwischen Fenstern (mit Laura Mahnke), Kunstverein Harburger Bahnhof, Hamburg, DE (2020); They put it together, Kunstraum Bethanien, Berlin, DE; Ne Désespère Pas, Aie Confiance, ENSBA, Paris, FR; Ufer Open 2019, Uferhallen, Berlin, DE (2019); Ufer Open 2018, Uferhallen, Berlin, DE (2018).

Stipendien: The Art School Alliance, School of the Museum of Fine Arts, Boston, USA (2020); École nationale supérieure des beaux-arts, Travel Grand, Paris, FR (2019).

Ausstellung
Alexandra Tretter
Kindergarten
Sep 06 – Nov 04


Kontakt
Jacky Strenz
Kurt-Schumacher-Str. 2
60311 Frankfurt am Main

jackystrenz.com
office@jackystrenz.com

 
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