PanGallery

Heinrich Heidersberger

In diesem Jahr präsentiert die PanGallery im KunstRaum Bernusstrasse Heinrich Heidersberger. Wie kaum ein anderer Fotograf steht der am 10. Juni 1906 in Ingolstadt geborene Heidersberger für die deutsche Architektur- und Werbefotografie der 1950er und 1960er Jahre. Seine experimentellen, künstlerischen Arbeiten, wie seine Rhytmogramme begeisterten die Ausstellungsmacher. Seine Aufnahmen der Jahrhunderthalle in Frankfurt, des Osram Verwaltungsgebäudes oder des Kraftwerks der Volkswagen AG sind Ikonen der Archtekturfotografie und verhalfen ihm zum internationalen Durchbruch. Kuratiert wird die Ausstellung von Rudi Feuser, PanGallery und Bernd Rodrian, Institut Heidersberger.

Heidersberger, der Avantgardist: Ein „‚Moderner‘ par excellence“ sei der Fotograf Heinrich Heidersberger, so die Kunsthistorikerin Barbara Steiner, denn „wie die künstlerische Avantgarde“ habe dieser versucht, „mit Hilfe neuer technischer und wirtschaftlicher Errungenschaften Ökonomie und Kultur, Industrie und humanistische Ideale, Technologie und Demokratie zu versöhnen“. Damit ist wunderbar auf den Punkt gebracht, was dessen fotografisches Œuvre aus- und zugleich besonders macht: das Miteinander von angewandter und freier Fotografie.

Heidersberger, der am 10. Juni 1906 in Ingolstadt geboren wurde und über Stationen in Linz und Graz, Paris, Den Haag und Kopenhagen, Berlin und Braunschweig seinen Weg nach Wolfsburg fand, verstand es, auch in der auftragsgebundenen Fotografie seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Sein Gespür für architektonische Inszenierungen, markante Blickachsen und präzise Kompositionen verhalf ihm rasch zu einem Namen unter den Architekten der „Braunschweiger Schule“, zugleich wusste er aber auch in der Werbefotografie die unterschiedlichsten Auftraggeber zu überzeugen. Die während seines Pariser Kunststudiums geknüpften Kontakte zu den französischen Surrealisten, wie auch sein technisches Interesse und Knowhow prägten dagegen seine freien Arbeiten. Zu den bekanntesten unter diesen zählen seine Rhythmogramme, Lissajous-Figuren, die er mit einer eigens konstruierten Lichtpendelmaschine erarbeitete, sowie seine Bildserie Kleid aus Licht, für die er mit einer Lichtkanone Loch- und Lamellenschablonen auf die nackte Haut eines weiblichen Aktes projizierte. Charakteristisch für die Arbeiten von Heidersberger sei, so der Professor für Designtheorie und Designgeschichte Rolf Sachsse, sich für den „gesamten Herstellungsprozess“ zu interessieren und nicht nur für das finale „Resultat, das dann womöglich noch als ewig haltbares Objekt sich selbst musealisiert“. Damit erweise sich der Fotograf eben als „Moderner, als echter Avantgardist – und mehr kann man im 20. Jahrhundert nicht werden“.

„Bewundern wir, auch wenn wir nicht begreifen“, schrieb ein ob der Heidersbergerschen Rhythmogramme begeisterter Jean Cocteau in einem an ihn adressierten Brief von 1962. Die Hervorbringungen jener Maschine, die der Fotokünstler in den 1950er Jahren entworfen und selbst konstruiert hatte, deutete der französische Schriftsteller und Filmregisseur, damals längst schon Mitglied der Académie française, als einen „Beweis dafür, daß der Zufall für die Poeten nicht existiert, oder besser, daß sie ihm einen anderen Namen geben“. Während zeitgleich auch Oskar Kreisel oder Peter Keetman Lichtbilder mittels experimenteller Techniken und Pendelschwingungen erzeugten, war es die raumgreifende Apparatur des Rhythmographen, unter Zuhilfenahme derer Heidersberger dem Zufall ein Schnippchen schlug: Einmal in Bewegung gesetzt, erzeugt diese fotografische Zeichenmaschine über eine Langzeitbelichtung Lichtspurbilder von äußerster Komplexität. Die auf ihnen fixierten dynamischen Schwingungen schaffen zweidimensionale Objekte mit dreidimensionaler Wirkung. Seine vielfach ausgestellten Aufnahmen schwingenden Lichts wurden unter anderem 1957 auf der XI. Triennale von Mailand mit einer Silbermedaille preisgekürt. Für die 1949 erstmals im Magazin „Stern“ veröffentlichte Werkgruppe „Kleid aus Licht“ baute Heinrich Heidersberger einen Kochtopf in einen mobilen Scheinwerfer um. Mit dieser Lichtquelle fotografierte er weibliche Akte, kleidete aber die Körper der Frauen mit Mustern aus Licht und Schatten ein. Da sich sein Studio in räumlicher Nähe zum ersten Redaktionssitz des Magazins „Stern“ in Hannover befand, wurde Henri Nannen auf Heidersberger und das Thema „Kleid aus Licht“ aufmerksam und veröffentlichte dieses. Es folgten weitere Aufträge für das Magazin.

Bekannt ist Heidersberger aber auch für seine Architektur- und Industriefotografie. Um dem Verlust der Staatsbürgerschaft zu entgehen, kehrte er 1936 nach Deutschland zurück und lernte den Architekten Herbert Rimpl kennen, der ihn die Heinkel-Flugzeugwerke in Oranienburg fotografieren ließ. Heidersberger verbrachte die Kriegsjahre als Bildstellenleiter im Stahlwerk in Salzgitter, dessen Architekt ebenfalls Rimpl war. In den Nachkriegsjahren dokumentierte er das stark zerstörte Braunschweig sowie den Wiederaufbau. Zu seinen Auftraggebern gehörten nun unter anderem die Architekten der Braunschweiger Schule um die Architekten Friedrich Wilhelm Kraemer, Walter Henn und Dieter Oesterlen. Heidersberger fotografierte auch Werke des Finnen Alvar Aalto sowie das Theater von Hans Scharoun in Wolfsburg. In den Aufbaujahren 1950 bis 1960 perfektionierte Heidersberger seine architekturfotografischen Kenntnisse und Fähigkeiten weiter zu einer unverwechselbaren Bildsprache. Sie ist gekennzeichnet durch einen schwarzen Himmel und brillante Kontraste. Fassadenflächen werden zur Grafik, ohne ihre Funktionalität zu verlieren. Eindrucksvolle Beispiele dafür sind die Aufnahme des Karftwerks der Volkswagen AG von 1971 oder die sich in einer Pfütze spiegelnde Jahrhunderthalle in Frankfurt Hoechst.

Ausstellung
Heinrich Heidersberger
Form.Struktur.Licht_Fotografien
Sep 05 – Okt 12

Kontakt
Rudi Feuser
Bernusstraße 18
60487 Frankfurt am Main

pangallery.de
pangallery@feuser.de

 
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