Philipp Pflug Contemporary
Michael Pfrommer
Michael Pfrommers Malereien und Zeichnungen liefern Hüllen für Räume, die sich unsere Gedanken bauen, wenn wir vor ihnen stehen – und dabei gewissermaßen auch uns selbst gegenüberstehen. Wie bei einem erst flüchtigen, dann fixierenden Blick in ein spiegelndes Schaufenster, das eine Zwischenwelt zwischen den vor uns präsentierten Gegenständen, dem Geschehen in unserem Rücken und unserer eigenen vorübergehenden Bewegung aufblitzen lässt.
Pfrommers Bilder haben ein Davor und ein Dahinter und verschiedene Bildgründe, die sich untereinander nicht ganz einig sind, welcher von ihnen sich hinten anstellen muss – und welchem es gelingt, sich bis ganz nach vorn zu schieben. Man blickt nicht durch, und manchmal fühlt man sich von den Bildern an Tapeten erinnert, an eine farbige Schicht zwischen den Räumen, die selbst einen Raum entstehen lässt.
So fungieren hier etwa auch Zeitungen als Material, Bildfundus und Träger neuer Bilder: eine Decke aus Meer, ein Dickicht aus staksigem Schilf. Lavaströme umzüngeln die Spalten, ein Maschendraht legt sich über die gefalzten Seiten. Tagesaktuell gedruckt und nach Verfügbarkeit vom Künstler bemalt bringen die Zeitungen wechselnde Schlagzeilen, Protagonisten, Orte und Ereignisse mit ins Bild, die in den gemalten Szenen doch nie unmittelbar zum Thema werden. Die abgedruckten Texte und Fotografien werden zu Strukturen aus Linien, und Fenstern, die im Hintergrund der Gouachen schwingen, buchstäblich durchscheinend, aber nie ein schlüssiges Bildganzes mit den gemalten Formen und Figuren ergebend. Die Inhalte werden zu flüchtigen Silhouetten, das Tagesgeschehen zum assoziativen dünnen Bildgrund. Losgelöst von ihrem bereits gefüllten Bildträger bringen die mal lasierend, mal deckend aufgetragenen Schichten der Gouache neue Formen aufs Papier.
Die gegenseitige Unabhängigkeit und Eigensinnigkeit der Bildgründe und Motive ist charakteristisch für Pfrommers Arbeiten. Stets, so scheint es, ist da noch Platz für etwas, das hinzukommt oder hinzukommen könnte, wenn man ganz kurz weg- und dann wieder hinguckt. Wenn man den Blick einmal um sich selbst dreht, so wie man vielleicht auch eine Postkarte in der Hand wendet und versucht, ihre beiden Seiten in eine Verbindung zueinander zu bringen – um dann festzustellen, dass es viele mögliche, doch keine notwendige Art und Weise gibt, das Vorne und das Hinten zusammenzulesen.
Die Bilder sind voller Verästelungen und Anschlussstellen für das Alltägliche, wie es uns vorkommt und uns nachgeht. Sie zeigen ganz Gewöhnliches – Gebrauchsgegenstände, Stadt- und Wohnlandschaften oder mediale Ansichten des Weltgeschehens – und führen uns assoziativ sowohl näher an unsere eigenen individuellen Zugänge zu den Dingen als auch von diesen weg und um die nächste Ecke.
Pfrommers Motive zeigen sich als Resultate eines momenthaften Zusammenspringens von einer uns nur scheinbar äußerlichen Umgebung und den inneren Bewegungen, die wir ihr gegenüber vollführen. Beide winden sich umeinander, verwickeln sich und uns in neue Situationen und Bilder, in denen die Außenwelt ein Innenleben zeigt und nicht mehr klar ist, wer hier was oder wen betrachtet. Ellen Wagner
Ausstellung
Michael Pfrommer
Sep 06 – Nov 02
Contact
Philipp Pflug
Berliner Strasse 32
60311 Frankfurt am Main
ppcontemporary.com
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